Im schwarzen Loch

Wie ist es bei Dir, kennst Du diese Momente oder auch Tage oder steckst Du vielleicht sogar schon seit längerem in einer Phase, wo alles sich irgendwie grau und sinnlos anfühlt, wo Du das Gefühl hast, die Richtung verloren zu haben oder generell anzweifelst, in welche Richtung sich Dein Leben gerade bewegt?

Nicht nur habe ich Menschen bei mir in der Praxis, denen es öfters so geht, mit denen ich gemeinsam einen für sie passenden Weg erarbeite, da herauszufinden, ich selber habe auch mal solche Tage. 

Und der ‚Witz‘ ist, ich lese mir tatsächlich diese Zeilen, die ich selbst geschrieben habe, auch gelegentlich selber durch, wenn ich mich in negativen Gedanken- und Gefühlsspiralen verfange, was tatsächlich auch mir immer noch passiert…

Die Frage ist, wie geht man damit um?

Wie weit lässt man sich reinziehen – bis man verzweifelt ist?

Wie weit sinkt man in das schwarze Loch, bis man unten am Boden sitzt und die letzte Helligkeit von oben immer mehr verschwimmt?

Lernt man damit zu leben, dort unten zu sitzen? Hat man vielleicht sogar das Gefühl, man rutscht immer weiter rein? Möchte man vielleicht komplett resignieren und nicht mehr hinaufschauen, nicht mehr nach einem Weg Richtung Licht suchen?

Wenn ich solche düsteren Tage habe, passieren mehrere Dinge auf einmal, bzw. habe ich dazu mehrere Reaktionen und Gedanken. 

Zunächst einmal akzeptiere ich sie.

Es gibt nun mal solche Tage. Und diese Trauer, dieses Trübsal zu unterdrücken, wäre vermutlich kontraproduktiv, weil es sich sonst einen anderen Weg suchen würde. Verdrängen hilft also in den seltensten Fällen. Also gehe ich hinein in die Emotion, in die Melancholie, in dieses Gefühl von Grau und Fad, von Sinnlos und Schal, von Traurig und manchmal auch von Verzweifelt. Wenn es machbar ist, nehme ich mir solch einen Tag frei, oder zumindest reduziere ich mein Programm, mache langsamer.

Das ist ein Thema für einen ganz eigenen Blogartikel, wie man sich seiner mentalen Gesundheit widmen sollte und sie genauso ernst nehmen sollte, wie die körperliche.

Würdest Du Dich bspw. mit Bauchkrämpfen lieber in die Arbeit schleppen oder zuhause bleiben, dir eine Wärmflasche nehmen und Dich ins Bett legen und ruhen? Das ist also schonmal die erste ‚Reaktion‘, ich nehme den Schmerz, die Stimmung, die Traurigkeit wahr und lass sie zu und kümmere mich um mich. Es geht auch darum, mir quasi zu ‚erlauben‘, dass ich nicht immer bei 100% bin, dass nicht immer alles gut sein kann und das ich auch traurig sein darf. Das gehört zum Leben dazu. Wie heißt es so treffend auf Englisch: ‚What you resist persists‘. 

Vielleicht gelingt es mir auch ‚leichter‘, sie zu akzeptieren, weil ich weiß, dass es auch andere, fröhlichere Tage gibt,

an denen ich das Gefühl habe, dass das Leben gut ist, an denen ich mich über meine Entscheidungen aus der Vergangenheit freue, die mich an den Punkt gebracht haben, an dem ich schon stehe, wo ich mit Freude sehen kann, wohin es noch gehen kann und motiviert bin, Dinge anzupacken und Wundervolles zu erschaffen und sich entfalten zu lassen. 

Ganz abgesehen davon ist die Frage aber auch: ist es wirklich realistisch, die ganze Zeit glücklich zu sein?

Was sind denn die Ziele, ab wann ist man glücklich? Kann man nicht unterwegs, auf dem Weg, auch schon ein wenig Glück empfinden? 

Zugegebenermaßen kommt mir sicher auch die Lebenserfahrung zugute, die ich inzwischen sammeln durfte. Das ich weiß, dass es, nachdem es bergab geht, auch wieder bergauf gehen kann.

Zudem kommen noch die für mich prägenden Jahre meiner Kindheit dazu, die ich in anderen, nicht-westlichen Kulturkreisen verbracht habe, wo oft ein ganz anderer Blick auf die Dinge und das Leben vermittelt werden. Und ein durch die Lebensphasen, viele Erlebnisse, Lektionen, Reisen, Aus- und Weiterbildungen erlangter gewisser Grad an ‚Detachment‘, eine Möglichkeit, die Vogelperspektive einzunehmen, gepaart mit der Überzeugung, dass diese Erfahrung, dieses Leben als Mensch, hineingeboren in diesen Körper in diese Umstände eine Lernaufgabe darstellen, und eben nicht sinnlos sind, nicht sinnlos sein können. Bei diesem Gedanken gehe ich noch einen Schritt weiter: wenn man offen dafür ist, das dieses Erdenleben ein Ort des Lernens und Wachsens für die Seele ist, so ist ein Aufgeben oder ‚Hinschmeißen‘ kontraproduktiv. Denn wenn man die Aufgaben und Herausforderungen in der jetzigen Konstellation, mit den jetzigen Voraussetzungen, im jetzigen Leben nicht durcharbeitet, wird man sie im ’nächsten Leben‘ wieder präsentiert bekommen. Und dann ist die Frage, ob die Voraussetzungen dann ähnlich, besser oder schlechter sind, und ob die Herausforderungen in anderem Kostüm daherkommen.

Wenn diese Akzeptanz, gepaart mit dem Vertrauen auf die ‚mir zugeschanzten‘ Herausforderungen und dem Verstehen, dass das Leben wie ein bewegter Fluss mit Aufs und Abs ist, erst einmal stattgefunden haben

…dann fange ich langsam an, mir Gedanken zu machen, was genau es ist, was mir so eine Stimmung verursacht.

In welchem Lebensbereich habe ich längere Zeit nicht auf meine innere Stimme gehört?

Wo drückt der Schuh besonders?

Kann ich auf die Schnelle Abhilfe schaffen oder ist es tieferliegend? 

Es gibt zb eine Methode, wo es um 12 Lebensbereiche geht, die man einzeln durchleuchtet und für sich erkennt bzw. formuliert, wie man diese am liebsten gestaltet hätte. (Zu finden in dem Buch ‚The Happiness Project‘ von Gretchen Rubin) Was bei diesem Herangehen vorteilhaft ist, ist das man nicht alles auf einmal macht, sondern sich heranarbeiten kann.

Was kannst Du hier und jetzt angehen? Auch wenn es erstmal nur eine vermeintliche Kleinigkeit ist.

Wie immer, bin ich auch hier der Fan der kleinen Schritte. Kleine Schritte kann man auch gehen, wenn man keine großen Sprünge machen kann. 

Es gibt einen Weg raus aus dem schwarzen Loch, so wie es auch irgendwann mal einen Weg rein gegeben hat. Vertraue darauf, dass Du wieder rausklettern kannst, auch wenn es Dir vielleicht bisweilen wie Kriechen vorkommt. 

Gerne reiche ich Dir dabei die Hand. Deshalb habe ich hier auch ein klein wenig beschrieben, wie ich damit umgehe und das auch ich schon in solchen Löchern war und immer wieder herausfinde.

Eines noch: falls Du schon länger in diesem Loch bist und Deine Gedanken inzwischen so düster sind, dass Du erwägst, Dir was anzutun, dem ein Ende zu setzen, bitte hol Dir Hilfe und zwar schnell. Es gibt einen anderen Weg aus diesem Zustand heraus! Mitunter passiert bei chronischen Verläufen auch wirklich eine chemische Reaktion im Gehirn, welche, ähnlich wie bei einer Versäuerung, eine Schadensspirale nach sich zieht, die dann die Kognition und auch das damit verbundene Handeln so pathologisieren, dass man zu Mitteln greift, die man sonst nicht erwägen würde. Und die auch, wenn man aus dem Loch herausgefunden hat (was durchaus, und in so einem Fall eben wesentlich einfacher mit Hilfe, möglich ist) niemals angewendet würden. 

Hier ist eine kostenlose Rufnummer des Krisendienstes in Oberbayern, für d en Notfall, 24/7 erreichbar: 0800 655 3000 Krisendienst Oberbayern – Krisendienste Bayern

Mentale Stärke beginnt im Alltag – mit jedem Lichtblick wächst dein innerer Rückhalt

Ein Gedanken-Tool für hellere Tage (und die grauen dazwischen) Das Ressourcen-Depot: Einzahlen auf das „gute Konto“

Kennst du das? Es gibt diese Momente, in denen einfach alles stimmt. Du sitzt mit einer Tasse Lieblingstee in der Hand gemütlich auf dem Sofa, genießt den Duft und den Geschmack, es ist kuschelig, geradezu wohlig, du bist im Moment und dir bewusst, wie gut sich das gerade anfühlt…

Vielleicht war es auch nur eine klitzekleine Entscheidung – noch fünf Minuten länger auf dieser Bank zu verweilen, einen Umweg zu gehen, der am Fluss entlangführt, oder ein gelungenes Gespräch innerlich bewusst zu feiern.

Solche Augenblicke sind so kostbar! Und doch rauschen sie oft an uns vorbei, weil das Leben gleich wieder weitergeht, die to-do-Liste ruft oder man sich wieder Sorgen macht um … fill in the blank…

Ich lade dich heute zu einer kleinen Übung ein – einem Gedankenbild, das ich oft in meiner Praxis benutze. Stell dir vor, du hast ein inneres Konto. Kein Geldkonto, sondern eines, auf das du gute Erlebnisse, kleine Freuden, geglückte Entscheidungen, liebevolle Momente und stille Glücksgefühle einzahlen kannst.

Jedes Mal, wenn du etwas Schönes bewusst wahrnimmst – und sei es noch so klein – kannst du dir innerlich sagen:
„Das zahle ich aufs Gute-Konto ein.“

Eine Tasse Tee in Stille.
Eine positive Rückmeldung, die du wirklich an dich heranlässt.
Ein Lächeln, das du geschenkt bekommst – oder selbst verschenkst.
Ein Problem, das du mit Ruhe und Klarheit gelöst hast.
Ein Spaziergang, bei dem du gemerkt hast: Ich bin gerade ganz bei mir.
Ein Moment mit deinem Kind, Partner, Freund, in dem Verbundenheit spürbar war.
Eine Entscheidung, auf dich selbst zu hören – und ihr zu folgen.
Die Erkenntnis, wie viel in deinem Leben eigentlich gut läuft.

Denn wenn du zurückblickst, wird dir vielleicht noch einiges Andere einfallen (hier ein paar Beispiele, die du eventuell auf deinem Konto findest):

Du hast die Schule abgeschlossen? check!

Du hast eine Ausbildung/ein Studium begonnen/absolviert – oder auch bewusst nicht? check!

Du hast eine Wohnung gefunden, dich eingerichtet, dich um Dinge gekümmert? check!

Du hast einen neuen Job angenommen – oder verlassen, weil er nicht gut für dich war? check!

Du hast dir in schwierigen Phasen Hilfe geholt oder zumindest darüber nachgedacht? check!

Du kümmerst dich um dich selbst – auch wenn’s nicht perfekt läuft? check!

Du hast schon mal „Nein“ gesagt, obwohl es dir schwerfiel? check!

Du hast eine Trennung überstanden, sei sie freundschaftlich, familiär oder partnerschaftlich? check!

Du hast Verantwortung übernommen – für ein Kind, ein Tier, ein Projekt oder einfach für dein eigenes Leben? check!

Du hast dich getraut, neue Wege zu gehen – auch wenn sie dir Angst gemacht haben? check!

Du bist heute aufgestanden, obwohl alles in dir liegen bleiben wollte? check!

Du hast jemanden zum Lachen gebracht? check!

Du hast schon mal jemandem vergeben – oder dir selbst etwas verziehen? check!

Du bist drangeblieben, obwohl du hättest aufgeben können? check!

Du hast es geschafft, eine Pause zu machen, obwohl dein Kopf „schneller, weiter“ rief? check!

Du hast für dich gesorgt, z. B. gekocht, geduscht, ausgeruht, aufgeräumt? check!

Du hast Freundschaften gehalten – oder mutig beendet, wenn sie dir nicht gut taten? check!

Du hast dich weiterentwickelt – in Beziehungen, im Beruf, in deinem Denken? check!

Du hast Grenzen gesetzt – oder angefangen zu spüren, wo sie sind? check!

Du hast etwas ausprobiert, ohne zu wissen, ob es klappen wird? check!

Du hast dich nicht unterkriegen lassen, obwohl es schwer war? check!

Du hast über dich gelacht – oder einfach mal aus vollem Herzen gelacht? check!

Du hast ein Ikeamöbelstück nach Bild-Anleitung zusammengebaut? check!

Du hast dich getraut, in die Stille zu gehen – auch wenn das ungewohnt war? check!

Du hast den Mut gehabt, dich zu hinterfragen – nicht um dich fertigzumachen, sondern um zu wachsen? check!

Du hast dich weiterentwickelt – in Beziehungen, im Beruf, in deinem Denken? check!

Du hast dich weiterentwickelt – in Beziehungen, im Beruf, in deinem Denken? check!

… merkst du, wieviel dir schon gelungen ist? Erkennst du, was du schon alles erreicht hast? Siehst du, wie das Leben dir schon so viele Steilvorlagen für erfolgreiches Umsetzen zugespielt hat?

So vieles gelingt uns, ohne dass wir es feiern. Dabei wäre genau das wichtig: innehalten, würdigen, abspeichern.

Denn mit jedem bewussten Einzahlen stärkst du dein inneres Polster. Wie eine Art Powerbank, die geladen ist und dir zur Verfügung steht.

Du schaffst dir einen weichen Untergrund, auf den du in grauen Zeiten zurückfallen kannst – ähnlich wie die Erde, die über den Winter ruht, um im Frühling wieder neue Triebe hervorzubringen.

Dieses innere Konto ist wie nahrhafter Boden. Wenn du es regelmäßig nährst, wächst darauf irgendwann wieder Vertrauen. Lebensfreude. Mut.

Ich erinnere meine Klient*innen im Gespräch manchmal ganz direkt:
„Schau – das geht auch aufs Konto.“
Denn dieses innere Bild ist mehr als eine nette Idee – es wirkt. Du trainierst damit, Positives zu registrieren, zu speichern und verfügbar zu machen.

Ich denke da oft an die Geschichte (Kinderbuch von von Leo Lionni) der Maus Frederick, die nicht wie die anderen für den Winter Körner und Nüsse, sondern Farben, Gerüche und Sonnenstrahlen sammelt. Für die Zeiten, in denen es dunkler wird.

Und genau darum geht’s. Nicht darum, Negatives zu verdrängen – sondern darum, das Gute bewusst zu sehen. Es zählt. Und es stärkt.

Hast du Lust, das Bild vom inneren Konto vielleicht in dir zu etablieren?
Allein der Gedanke, dass es so ein Konto gibt, schafft schon das Bewusstsein und die Antennen für die gelungenen Momente des Lebens, von denen du zehren kannst. Du könntest auch ein kleines Notizbuch dafür nutzen. Oder jeden Abend einen Satz aufschreiben:
„Heute habe ich eingezahlt, als…“

Du musst aber auch gar nichts ‚Greifbares‘ dafür zur Hand haben und kannst einfach die ‚Gutschriften‘ in Gedanken betrachten…

Ich bin gespannt, wie es sich für dich anfühlt, dieses Konto zu füllen.

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